LE BAZAR PALACE 1

© Heike Kandalowski

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© Heike Kandalowski

Akteure im Interview

Unterwegs mit: Fabian Sattler

"Begegnung mit Unbekannt"

Fabian Sattler, Schauspieler, Regisseur und künstlerischer Organisator, erklärt die Einzigartigkeit des Ruhrgebiets als Kunst- und Kulturstandort - und wo sich seine Arbeit abbildet.

Name:

Fabian Sattler

Alter:

42

Geburtsort/Wohnort:

Mutlangen / Essen

Beruf:

Schauspieler, Regisseur und künstlerischer Organisator

Links:

Wie würdest du dich und deine Arbeit einem Alien beschreiben?

Gute Frage! Meine kleine Tochter behauptet: "Papa geht hopsen..." Auch wenn sie dabei an ein Warm-Up-Training im Theater denkt, bei dem sie einmal zugeschaut hat, hat sie damit im übertragenen Sinn gar nicht so unrecht. Denn tatsächlich springe ich viel und gerne: zwischen meinen künstlerischen Vorhaben, die ich mit unserem freien Theaterensemble TOBOSO plane und umsetze, und im Maschinenhaus Essen, wo ich seit über 10 Jahren in der Planung und Organisation wirke und so aktiv die Freie Szene Essen mitgestalten und fördern kann. Ich würde der/dem Alien erklären, dass auch ich jeden Tag in meiner Arbeit versuche, der Spezies "Mensch" näher zu kommen und sie zu verstehen. Dabei staune ich jeden Tag aufs Neue.

Was ist dein Antrieb Kunst zu schaffen?

Die szenischen Künste ermöglichen - hoffentlich! - einmalige Erlebnisse! Warum sonst sollte ich mir eine Theaterperformance ansehen? Im besten Fall findet dieses Erlebnis analog und live statt – mit den digitalen Substituten während des pandemischen Lockdowns bin ich persönlich nicht warm geworden. Der analoge Moment einer Performance spricht alle Beteiligten unmittelbar und "multi-sensorisch" an, bezieht jeden mit ein und schafft im besten Fall anregende und prägende Impulse – für jede/n für sich, aber auch im Austausch miteinander. Ich verstehe Kunst nicht als Einbahnstrasse sondern immer als (Lieblings-)Anlass zur Begegnung mit Unbekannt.

Was liebst du generell im Ruhrgebiet am meisten?

Wenn ich an die Ameisentrassen der Berliner oder Hamburger Kulturszene denke, dann blicke ich mit großer Lust und Freude auf die Szene Ruhr. Sie ist groß (!) und sehr vielfältig und bietet künstlerische Freiräume, die es in anderen Ballungsgebieten so nicht gibt. Diese Freiräume sind für mich eine enorme Inspirationsquelle, auch wenn sie oft aufwendigere Pionierarbeit erfordert.

Drei Plätze im Ruhrgebiet, die du Besucher*innen auf jeden Fall zeigst:

Natürlich das Maschinenhaus Essen. Das ergibt sich bei einem Besuch bei mir quasi von selbst ;–) Ich liebe die Schurenbachhalde. Und all das Grün, das es hier gibt, das Menschen von außen hier nur selten vermuten.

Was macht die Kunst- und Kulturszene hier so besonders?

Das Unfertige, das Sich-in-Entwicklung-Befindende. Hier kann jeden Tag etwas Neues entstehen. Es gibt – im besten Sinne – wenig Festgefahrenes. Die Akteur*innen können durch ihr Tun der hiesigen Kunst- und Kulturszene oder vielmehr den vielen unterschiedlichen Szenen auch ständig neue Gestalt geben.

An welchen Orten fühlt man hier die Metropole der Künste?

Vielleicht am ehesten in den Bahnen und Bussen, also im Dazwischen, auf dem Weg vom einen zum anderen. Noch sind die vielen verschiedenen Kunst- und Kulturorte kleine Universen für sich. Aber dies birgt die unglaubliche Möglichkeit, dass die Kultur und die (freien) Künste zum treibenden Faktor im Ruhrgebiet werden könnten.

Wo/Wann hattest du dein schönstes Kulturerlebnis?

Auf einem Feld bei Dinslaken. Bei einer Vorstellung der Ruhrtriennale ließ die belgische Kompanie Studio ORKA ein ganzes Haus im Erdboden, direkt neben einem Maisfeld verschwinden. Das war magisch.

Wo gehst du gerne essen & trinken?

Im KultCafé in Altenessen, im Schiffers oder bei Sorellis in Essen-Werden, in der Frittenschmiede in Heidhausen, im Café de Prins in Essen Süd, bei Frank am Frohnhauser Markt ... vor allem aber mit spannenden, lieben Menschen.

Die besten Partys gibt es im...

Nach bald 2 Jahren Pandemie und als Vater von zwei kleinen Kindern bin ich derzeit leider kein Experte auf diesem Gebiet und maße mir besser keine aktuellen Empfehlungen an.

Wäre das Ruhrgebiet ein Song, so würde er klingen:

Es wäre ein experimentelles Musikstück, obwohl es sich zusammensetzen würde aus bekannten bis teilweise fast altmodisch wirkenden Elementen. Das Experiment wäre die Vermischung, die Gleichzeitigkeit all der verschiedenen Stimmen, die aber in diesem Song zu etwas Neuem zusammenschmelzen würden.

Was ist dein nächstes Projekt?

Als aktiver Teil von TOBOSO freue ich mich auf eine ganze Reihe von Spielterminen (auf die wir uns nach der Corona-Dürre unglaublich freuen) und Vorproben zu einer neuen Kindertheater-Produktion. ​Für das Maschinenhaus Essen darf ich unser Sommer.Kunst.Camp FUTURE CITY auswerten und weiterentwickeln: Im Juli 2021 haben 50 Kinder und Jugendliche zusammen mit einem Team aus professionellen Künstler*innen und Handwerker*innen auf dem Gelände rund um das Maschinenhaus Essen ihre Stadt der Zukunft gebaut. Auch wenn sich vieles inzwischen wieder im ursprünglichen Zustand befindet – in unseren Köpfen sind viele Fundamente für zukünftige Projekte gelegt!